NEIN! Obwohl es unzählige Seiten im Internet gibt, die Gegenteiliges proklamieren.
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Es stimmt, dass sich das kleinkindliche Schlucken vom Schluckvorgang bei Erwachsenen unterscheidet. Dafür verantwortlich sind die unterschiedlichen Grössenverhältnisse, andere anatomische Strukturen und Funktionsweisen. ABER: auch bei Säuglingen kommt es zu einer kurzen Unterbrechung der Atmung sobald der Schluckreflex getriggert wurde.
Weshalb hält sich dieser Irrtum so hartnäckig?
Es liegt vermutlich daran, dass es mit der Besonderheit verwechselt wird, dass das Neugeborene gleichzeitig saugen und atmen kann. Beim Saugen wird das Velum nämlich aktiv über die Kontraktion des M. palatoglossus abgesenkt und ermöglicht so die Nasenatmung während des Saugens. Nach etwa zwei bis drei Saugbewegungen, wird die in der Valleculae gesammelte Milch geschluckt – erst dann kommt es zu einer Unterbrechung der Atmung. So kann ein Baby ewig lange an der Brust der Mutter oder am Fläschchen nuckeln ohne dabei absetzen und Luft holen zu müssen. Ausserdem liegt der Kehlkopf des Säuglings viel höher als beim Erwachsenen. Von aussen ist die Hebung während des Schluckens kaum sichtbar. Die minimale Apnoe von ca. 0.4 Sekunden wird kaum wahrgenommen, weshalb wir irrtümlicherweise glauben, Säuglinge atmen und schlucken gleichzeitig.
Nein, Säuglinge können NICHT gleichzeitig Schlucken und Atmen!
Aber: Säuglinge können gleichzeitig Saugen und Atmen!
Wir treffen in der Klinik immer wieder auf Kinder, bei denen der komplexe Schluckvorgang nicht einwandfrei funktioniert oder erlernt werden muss. Auch Säuglinge können sich Verschlucken, können Aspirationspneumonien oder Atem-Saug-Schluck-Koordinationsschwierigkeiten aufweisen und bedürfen deshalb einer logopädischen Therapie.
Esther Zürcher
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